Die Sache mit der Psyche ...

ME/CFS ist keine psychische Erkrankung!

Das sei hier als erstes festgestellt. Ist man erkrankt, so spürt man dies auch deutlich. Es gibt auf den einschlägigen Seiten gute Kriterien zur Abgrenzung von Depression oder Burnout. Leider ist bisher noch kein Biomarker bekannt, sodass es noch immer selbsternannte Fachleute gibt, welche die körperlichen Hintergründe leugnen. Glücklicherweise werden die anderen Stimmen mehr und lauter.

Ich habe vor allem in der Anfangszeit mit dieser Erkrankung sehr gelitten und frage mich, wie ein junger Mensch dieses "Boden unter den Füßen verlieren" aushalten soll, wo er doch so viel weniger schöne Erinnerungen und erdende Momente mit in die Waagschale werfen kann. Es wäre anmaßend zu behaupten, dass ich mich dort hinein versetzen kann. Auch denke ich, dass diese Krankheit ohnehin von jedem Betroffenen anders erlebt wird. Ich werde hier mein Erleben anreißen, in der Hoffnung, dass die Tücke der Krankheit und ihre psychischen Folgen so für das Gegenüber greifbarer werden. Wer tiefer in diese Thematik einsteigen will, der kann sich meinen persönlichen Krankheitsbericht unter www.nataschakunert-moeller.de ansehen.

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In meiner schwersten Phase hatte ich keinerlei Zugang zu meiner Gefühlswelt. Diese waren gleichsam ausgeschaltet. Im Grunde habe ich mir diese durch massive Reflexion wieder zurückgeholt. Geholfen hat mir dabei stets die musisch- künstlerische Ebene. Ich habe gesungen, Instrumente gespielt, gemalt und gestaltet, um mich so wieder verorten zu können. Einen kurzen Einblick gebe ich hier:

Zwar wa es bei mir keine zerbrochene Liebe, aber nicht weniger schwer wiegend ein zerbrochenes Leben und trotzig suchte ich nach Antreibern, die meine schwierige Situation lebenswert machen könnten...

Da niemand sonst ermessen kann, durch welche Tiefen man bei dieser tückischen Erkrankung durch muss, sollte man die Fähigkeit etablieren, sich ab und an selbst auf die Schulter zu klopfen.

Sehr sensibel reagiert man auf vermeintliche Schuldweisungen von außen, die (als einfache Erklärungsansätze) auch vorgebracht werden. Da gilt es in instabiler Situation festen Stand zu haben.- Ja, es ist die Quadratur des Kreises...

Erste Verbesserung und man schmeißt sich voller Glück hinein in eine Tätigkeit und die PEM schlägt gnadenlos zu, wenn man sich schon in Sicherheit wiegt.

Der Verlust all dessen, was nicht mehr geht, schmerzt in jeder Minute. Allgegenwärtig sind die Lücken, die so ins Leben gerissen werden und es ist extrem schwer zu erkennen, dass da doch noch einiges bleibt, was einen als Mensch ausmacht..

Es wird ein Auf und Ab bleiben. Man hofft, dass man so viel innere Arbeit betrieben hat, dass einen die Wellen nicht mehr jedes Mal umwerfen, dass man das Paddel und die Lieben nicht verliert, aber die Gefahr bleibt immer bewusst...

So lief es psychisch bei mir:

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06.21

Es nervt, warum habe ich ständig ein neues Wehwehchen?

12.21

Ich habe wohl doch ein massiveres Problem. Das wird dauern.

02.22

Hilfe!!! Was ist los mit mir? Wie komme ich hier raus?

03.22

Niemand versteht mich. Ich bin so alleine. Denken denn alle nur an sich?

05.22

Wenn ich mich nur genug anstrenge, werde ich wieder bald die Alte sein...

07.22

Das wird so nichts. Ich muss unter mein altes Leben einen Schlussstrich ziehen.

10.22

Womit habe ich das verdient? Was habe ich falsch gemacht?

12.22

Ich bin so unfassbar enttäuscht vom Leben.

02.23

Das alte Leben ist unweigerlich vorbei. Etwas hat sich verändert.

05.23

Wie kriege ich Lebensfreude und Leichtigkeit zurück in mein Leben?

07.23

Es geht doch einiges, wenn die Intervalle nur kurz genug sind.

09.23

Das Leben ist anders und nicht mein Traum, aber es ist meins und lebenswert.

11.23

Oh nein! Erneut ein schwerer Infekt, er wirft mich um ein Jahr zurück. Ich kann das nicht nochmal! Ich will das nicht nochmal!

02.24

Ich schaffe es dieses mal schneller. Bin besser im Coping, besser mit der Psyche.

04.24

Mein Arbeitgeber will mich nicht mehr, dabei würde ich doch sooo gerne wieder etwas sinnvolles Tun. 2h pro Woche ginge das auch wieder..

06.24

Es geht um einen GdB von 70. Das fühlt sich sehr ernüchternd an...

...

Es wird ein Auf und Ab bleiben, denn mein Körper ist ein fragiles System. Infekte, Stress, Schicksalsschläge, Verletzungen, Krisen - alles kann mich viel schneller aus der Bahn hauen und das Symptomkarussell wieder anwerfen.- Andererseits wächst mein Werkzeugkoffer im Umgang mit dieser Krise und ich werde immer besser darin, meine Einschränkungen zu kompensieren.

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